|
Applaus des Publikums für Restauratoren alter Uhren
IM GESPRÄCH: Die Arbeit von Till Lottermann aus Mannheim-Seckenheim am
ehemaligen Zarenhof in St. Petersburg
Von unserer Mitarbeiterin Helga Köbler-Stählin
"In Mannheim kennen mich nur wenige", erzählt mir der Uhrmachermeister Till
Lottermann bei unserem Gespräch, und ein verschmitztes Lächeln überzieht sein
Gesicht. Seine Werkstatt in Mannheim-Seckenheim ist dennoch bestens eingeführt,
da Aufträge von nationalen und internationalen Kunden und Sammlern historischer
Uhren seine Bücher füllen. Die Erklärung ist einfach: Till Lottermann hat bei der
Akademie des Handwerks bereits 1995 die Prüfung zum "Restaurator im
Metallbauer-Handwerk" abgelegt, deren oberstes Gebot die Substanzerhaltung
antiker Uhren ist. Auch nach seinen Studien auf Schloss Raesfeld bei Münster war
er am Erfahrungsaustausch mit Kollegen interessiert und schloss sich dem "Fachkreis
historischer Uhren" an.
Und diesem Kreis kundiger Restauratoren wurde im Sommer eine besondere Ehre
zuteil: eine Einladung in die ehemalige Zarenresidenz "Peterhof" am Rande der
russischen Stadt St. Petersburg. Doch dort war nicht etwa die Zeit stehen geblieben,
denn, so weiß Till Lottermann, das Schloss am finnischen Meerbusen ist prunkvoll
restauriert, und die weltberühmten Fontänen mit den vergoldeten Skulpturen und
Maskaronen sind ein bewundernswerter Anblick für jeden Besucher.
Ein paar historische Uhren aus dem Sommerpalast waren dennoch zu überarbeiten.
Vierzehn Tage hatte die fünfköpfige Gruppe dafür Zeit. Französische Pendulen aus
dem 19. Jahrhundert, eine Tischuhr aus vergoldeter Bronze und blauem Porzellan
oder eine holländische Standuhr mit Spielwerk, um nur ein paar Beispiele zu nennen,
forderten das umfangreiche Wissen der Handwerksmeister heraus. Die
kunsthistorischen Hintergründe und das Eingehen auf die verschiedenen Epochen sei
doch sicher ein wichtiges Kriterium für die Arbeit an solch wertvollen Stücken, frage
ich nach und Till Lottermann nickt bestätigend. Neben der mechanischen Kleinarbeit
wisse ein Restaurator natürlich, dass jedes Exponat seine Geschichte hat. "Da ist
wissenschaftliche Arbeit gefragt, und dann gelingt es schon, einem antiken Stück zu
neuem Glanz zu verhelfen."
Dabei wird ihm ein Ereignis in besonderer Erinnerung bleiben. "Wenn wir eine
restaurierte Uhr an ihren Platz im Schloss zurückbrachten, stellten uns die
Museumsführer den Besuchern vor, die unsere Arbeit mit herzlichem Applaus
belohnten." Überhaupt, so schildert er, "haben wir mit den russischen Gastgebern
tolle Erfahrungen gemacht!" Auf leibliches (das Essen war ausgezeichnet) und
kulturelles Wohl wurde fürsorglich Wert gelegt, die Stadt mit den zahlreichen
Kathedralen und dem großen Winterpalast erklärt - in dem auch Katharina II. lebte
- und eine Einladung in eines der größten Museen der Welt, die Eremitage, möglich
gemacht.
"Mit der dortigen Chefkuratorin für Uhren entstand ein so guter Kontakt, dass sie
uns in Deutschland besuchen möchte. Möglicherweise schon im nächsten Jahr", freut
sich der Mannheimer, der seinem Aufenthalt in Russland noch einen weiteren Aspekt
hinzufügt. "Vielleicht ist es uns auch gelungen, gemeinsam einen kleinen Beitrag zur
Verständigung unter den Völkern zu leisten." Immerhin hat die Restauratorengruppe
dort unentgeltlich und im Freundschaftsdienst gearbeitet.
© Mannheimer Morgen – 02.11.2000

|