Sie haben eine Weltzeituhr erdacht, die als
einzige alle Zeitzonen auf der Erde exakt anzeigt, sie haben Tourbillons
gebaut und Planetengetriebe, Regulatoren und Chronographen, kein Jahr
vergeht bei ihnen ohne ein neues Projekt: Jetzt haben sich Till
Lottermann und Franz Wolff, alle beide Uhrmacher-Meister, an ein Projekt
gewagt, das Freunde mechanischer Meisterwerke entzücken dürfte. In mehr
als 200 Stunden Arbeit haben sie in ihrer kleinen Manufaktur in
Seckenheim eine Ein-Zeiger-Uhr entwickelt. Nicht irgendeine wohlgemerkt,
denn Zeitmesser, die über einen Zeiger Stunden und die ungefähren
Minuten indizieren, gibt es schließlich viele. Nein, nein, ihre Uhr
sollte etwas ganz Besonderes sein - eine echte Herausforderung für zwei
weit über die Region hinaus bekannte Tüftler.
Till Lottermann nimmt die
Uhrmacherlupe aus dem rechten Auge, blinzelt ins Licht der flachen Lampe
und deutet auf das, was da gerade vor ihm auf dem Werktisch liegt:
"Hier, das ist sie". Vor exakt 25 Jahren hat Lottermann zusammen mit
seinem Bruder Ralf, der historische Möbelstücke restauriert, die Firma
"Lottermann & Söhne" gegründet, "jetzt, zum Jubiläum sozusagen,
wollten wir etwas ziemlich Außergewöhnliches präsentieren". Eben jene
Ein-Zeiger-Uhr.
Schon beim ersten Blick auf
das schwarze Zifferblatt fällt es selbst einem Laien auf: Unter dem
Zeiger, der die Stunden markiert, dreht sich ein kleines "Minutenrad".
Lottermann: "Darauf kann man anders als bei anderen Ein-Zeiger-Modellen
exakt die Minuten ablesen, sowas gibt es bisher nicht". Die Idee zu
diesem Bau-Prinzip stammt freilich nicht aus der Seckenheimer Werkstatt,
"nein, ein Kunde von uns, ein Ingenieur, hat sie gehabt und ist damit
auf uns zugekommen. Er wollte, dass wir das bauen".
Kreativ konstruiert
Hier kommt Franz Wolff ins
Spiel, der ist in der Uhren-Szene bekannt für ebenso kreative wie höchst
ungewöhnliche Herangehensweise an konstruktive Probleme: "So, wie der
Ideengeber das realisieren wollte, wäre es nie gegangen", sagt der
Meister und setzt sich an den Computer: "Ich hab mich drangemacht und
das hier entwickelt". Eine kleine Animation verdeutlicht, wie Wolff die
technische Herausforderung mit dem sich unter der Stunde drehenden Rad
gelöst hat: Innerhalb von einem 30-Grad-Winkel muss sich das Teil um 60
Minuten bewegen, "dazu habe ich mir eine Untersetzung im Verhältnis elf
zu zwölf als Modulaufbau auf einem Unitas-Kaliber ausgedacht" - hoch
kompliziert und nicht eben einfach zu bauen.
Und als wäre das nicht schon
genug, haben die beiden ihrer "Neuen" noch einen "Clou" gegönnt: Auf
Höhe der 6 auf dem Zifferblatt arbeitet eine sternförmige Ganganzeige,
die sich - in rot und schwarzen Segmenten abgesetzt - nach dem Vorbild
eines alten Taxameters bewegt.
Der Prototyp läuft bereits
seit mehreren Tagen präzise, jetzt wollen sie ihre "Taxameter-Einzeiger"
- 42 Millimeter Gehäusedurchmesser bei einer Bauhöhe von 11,5
Millimetern - bei der weltgrößten Uhrenmesse in Basel vorstellen. Da
werden die Schweizer aber Augen machen.