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NECKARHAUSEN: Restaurator Franz Wolff kümmert sich um tickendes Innenleben wertvoller Chronometer |
Von unserer Mitarbeiterin Hannelore Schäfer ____________________
Das nächste Jahr fängt mit einer Zugabe an, die erste Stunde
wird um eine Schaltsekunde verlängert", lässt Uhren- Restaurator
Franz Wolff wissen. Während Funkuhren die Sache automatisch erledigen,
muss man eine ganz genau eingestellte herkömmliche Uhr um eine Sekunde
anhalten, damit sie die richtige Zeit behält. Eine genaue und exakte
Arbeitsweise ist auch die Grundvoraussetzung für den Uhrmacher-Beruf. Hier hat Franz Wolff
es nicht nur zum Meister seines Fachs gebracht, sondern als Restaurator
von historischen Uhren eine Nische für sich entdeckt. Die verbreitete Wegwerf- Mentalität bekam natürlich auch das Uhrengewerbe zu spüren. So lohnt beispielsweise bei Billigprodukten kaum mehr der Batteriewechsel, viel weniger noch die Reparatur. Er
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schätze mal, so Wolff, dass derzeit in ganz Deutschland etwa 150 Auszubildende den Beruf des Uhrmachers erlernen. Im Zuge der Rückbesinnung auf Traditionelles und Bewährtes bietet der Uhrenmarkt gut ausgebildeten Fachleuten durchaus wieder Chancen. Das war mit ein Grund dafür gewesen, sein begonnenes Biologie-Studium an den Nagel zu hängen und Uhrmacher zu werden, erklärte der Neckarhäuser. Der Hauptgrund sei aber schlichtweg der, dass er sein Steckenpferd - das Interesse an Uhren - zu seinem Beruf machte. Um auf sein Hobby richtig "aufsatteln" zu können, erlernte er im Seckenheimer Restaurationen- und Antiquitätenbetrieb der Gebrüder Lottermann das Uhrmacher-Handwerk. Dem Gesellen- folgte der Meisterbrief, und heute ist Wolff ein gefragter Experte, wenn es darum geht, die Rädchen in historischen Uhrengetrieben wieder in Gang zu bringen. Das Uhrwerk einer Tischuhr aus dem 16. Jahrhundert ist derzeit das
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älteste Stück, das Wolff im Lottermannschen Betrieb in Stand setzt. Auch die Urnenuhr aus dem 18. Jahrhundert sei ungewöhnlich, weist der Uhrmacher auf das kleine urnenförmige Gehäuse mit Deckelchen. Robuster wirken da schon die Regulatoren aus der Gründerzeit, um deren tickendes Innenleben sich der Neckarhäuser ebenfalls kümmert. Eigentlich sollte man historische Uhren regelmäßig warten lassen, um Schäden zu vermeiden, rät der Fachmann. Schließlich geht auch an diesen Zeitmessern der Zahn der Zeit nicht spurlos vorüber. Dass Uhren auf viele Menschen eine ganz eigene Faszination ausüben, zeigt sich an der Resonanz der Wochenendseminare, die Franz Wolff zusammen mit seinem Arbeitgeber, Uhrmachermeister Till Lottermann, anbietet. In den Kursen kann jeder Teilnehmer seine eigene mechanische "Handaufzug-Uhr" mit dem typischen Uhrmacher-Werkzeug zusammenbauen. Etwas für Individualisten sind ebenso die
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Armbanduhren, die von den beiden Uhrmachermeistern ganz nach dem
persönlichen Geschmack der Kunden angefertigt werden. Bei seinen
Reisen nach Petersburg an den berühmten Peterhof scheint Wolff das
Zeitrad zurück- zudrehen. Dort restauriert er ehrenamtlich Uhren,
die noch aus der Zeit Peter des Großen stammen. Nicht in Russland, sondern auf dem Bauhof der Gemeinde entdeckte Wolff einen historischen "Schatz", der in den Räumen des Gemeinde- museums seinen festen Platz hat. Es handelt sich um die Turmuhr von St. Andreas. Ihr Erbauer ist der Uhrmacher- meister Franz Jakob Braun (1735-1813). Auf Anordnung von Kurfürst Carl Theodor erhielt Neckarhausen eine neue Uhr von gleicher Konstruktion wie die Turmuhr eines ehemaligen Kaufhauses in Mannheim. Wolff und Lottermann investierten 500 ehrenamtliche Arbeits- stunden in die Substanz- erhaltung der Uhr und in die Funktionsfähigkeit ihres Gehwerks
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© Mannheimer Morgen 2005 |
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